
Prälat i.R. Martin Klumpp (Fotot: Rolf Gebhardt)
„Was kommt nach dem Tod?“ Um diese Frage drehte sich die letzte Vortragsveranstaltung im Programm 2016/17 der „Jungen Senioren“ im Hans-Rießer-Haus. Der Referent Martin Klumpp, ehemaliger Prälat des Sprengels Stuttgart, dämpfte jedoch gleich zu Anfang allzu hoch gesteckte Erwartungen: „Was nach dem Sterben kommt – ich weiß es auch nicht, und das weiß wohl kein Mensch.“ Wenn man glaube, dass es einen Gott gibt, so könne man zuversichtlich sein, dass er es schon richtig mache. So wie man aus einer harmonischen Situation heraus geboren worden sei, so dürfte man wohl auch aus dem Leben in eine Harmonie scheiden.
Klumpp, der nicht nur Mitbegründer der Evangelischen Erwachsenenbildung im Stuttgarter Hospitalhof ist, sondern auch als „Vater der Hospizbewegung“ gilt, weiß aus seiner langjährigen Präsenz in Hospizhäusern, Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten, ihr Sterben aus nächster Nähe mitzuerleben. Da erfahre man hautnah, wie sich der Sterbevorgang gestalte, wenngleich man nicht vollgültig nachvollziehen könne, was der Sterbende in seinem Inneren wirklich vor und im Tod erlebe, so Klumpp. Ausgehend von der Erkenntnis, dass sich Gefühle im Gegensatz zu Vernunft nicht steuern lassen, erscheine es weitgehend gesichert, „dass sich wohl nichts Lebensbedeutendes einfach auflöse“, also seelische Wunden oder ungelöste Angelegenheiten. Die kumulative Erinnerung an Verdrängungen sei strukturell bei allen Sterbenden durchgehend, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Klumpp zeigte sich religiös und aus Erfahrung überzeugt, dass der Mensch auch nach Angst und Qualen schließlich ruhig und im Frieden in den Tod eintrete.
Es ist eigentlich ein universelles Denken, dass das Leben mit dem Tod nicht generell zu Ende ist, meinte Klmpp und charakterisierte die Jenseitsvorstellungen verschiedener Religionen. Lediglich im Judentum habe es in frühester Zeit keine Vorstellung vom Jenseits gegeben, lediglich von einem Ort, wo die Toten ruhen. Das Leben gehe weiter in der Existenz Israels, dass der jüdische Mensch in seinen Kindern in der Kultur des Volkes seinen Platz habe und so weiter lebe. Diese Sicht habe sich erst in der Babylonischen Gefangenschaft geändert, mit der Erwartung der leiblichen Auferstehung, entweder direkt nach dem Tod, oder wenn der Messias kommt „und in der Apokalypse alles neu macht“. Für Juden komme die Seele zu Gott, während der Leib zerfalle.
Der Hinduismus und erst recht der Buddhismus habe nicht das Ziel, einen bestimmten Gott zu definieren und an ihn zu glauben, erläuterte Klumpp. Ideal sei die Erlösung im Nirvana, das Verlöschen der Gier nach Leben, das vollkommene Aufgehen der individuellen Existenz. Damit werde der Mensch befreit vom ewigen Kreislauf der Wiedergeburt mit ihren unterschiedlichen Abstufungen. Vorstufe des nur nach dem Tod erreichbare Nirvana sei eine „Versenkung in Buddha“.
Eine breit angelegte Art von Religiosität bescheinigte Klumpp dem Islam, der kein Lehramt habe, nur ein kompaktes Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an Allah, und Mohammed ist sein Prophet.“ Der Muslim gehe davon aus, dass Allah in seiner Vollmacht für jeden das Geschenk des Lebens beschlossen habe, wann er geboren wird und wann er stirbt. Unmittelbar nach dem Tod gerate der Mensch in einen Schwebe-, Schlaf- und Zwischenzustand ohne Zeitgefühl, werde später in einen Bewusstseinszustand zurückgeholt und nach einer Vorprüfung des Muslim-Seins vor Gericht und Prüfungen gestellt, wo man sich aller Taten vor Allah verantworten müsse. Wenn sich die Waage zugunsten der Gnade neige, kehre man ins Paradies, für die es im Islam starke Bilder gebe: acht Tore, prachtvolle Häuser und Gemächer, Gastmahle und 72 Jungfrauen …
Für das Christentum fing Klumpp mit der Schöpfungsgeschichte an – Gottes Werk aus Chaos und Tohuwabohu: „Ich glaube, dass Gott mich geschaffen hat und erhält!“ Schon in der Abfolge von Morgen und Abend, Tag und Nacht zeige sich die Unabänderlichkeit von Werden und Vergehen. Doch Tod und Auferstehung stehe im Zentrum des christlichen Glaubens, festgemacht am „Prototyp“ und Erlöser Jesus. Auch wenn es in der Bibel keine klare Aussage vom Jenseits gebe, so heiße es: „Wenn Du in Christus bist, bist Du eine neue Existenz“; wie es einen natürlichen Leib gibt, müsse es auch ein geistliches Leben geben.
Klumpp machte deutlich, dass man nicht für einen anderen Menschen das jeweilige Empfiinden für Sterben und Tod erkennen könne. Während der evangelische Christ der Gnade Gottes vertrauen dürfe, bleibe im Katholizismus noch offiziell die Vorstellung vom jüngsten Gericht, dass man mit „Ablasshandel“ (Gebete, Fürsprachen, Wallfahrten, gute Taten ) am Tage des Zorn und Schreckens dem Fegefeuer entgehen könne. Klumpp: „Ich glaube, weil mein Glaube ein wunderbares Geschenk ist, mir gefällt und mir gut tut.“