
Otto Rapp (Foto: Rolf Gebhardt)
„Summ, summ, summ, Bienchen, summ herum. Such in Blumen, such in Blümchen dir ein Tröpfchen, die ein Krümchen.“ Diese Textzeile eines altbekannten Liedes charakterisiert treffend die herkömmliche Vorstellung vom Bienenleben. Wie vielfältig die „Wunderwelt der Honigbienen“ ist, erläuterte bei den „Jungen Senioren“ im Hans-Rießer-Haus der leidenschaftliche Bienenzüchter Otto Rapp, der viele Jahre Vorsitzender des Bienenzüchtervereins Stuttgart war und heute noch an die 20 Bienenvölker betreut.
Otto Rapp ist als Sohn eines Bienenzüchters quasi mit Bienen und Bienenhaus aufgewachsen. Auch wenn der gelernte Diakon später auf ganz anderen Feldern tätig war, so als Seemannsmissionar und Airport- und Messe-Seelsorger, blieb ihm doch der Geruch von Wachs und Waben sowie der „Bienensound“ stets vertraut. Und so schmerzt es ihn, dass seit geraumer Zeit von Bienen nur in wehmütiger Tonlage die Rede ist und man allenthalben vom Bienensterben und überhaupt vom Massenschwund von Insekten und Vögeln spricht. Zweifellos ist die biologische Vielfalt in Gefahr – mit unabsehbaren Folgen. Dem Physik-Nobelpreisträger Albert Einstein wird das Wort zugeschrieben: „Wenn die Biene von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.“ So dramatisch schätzt Rapp die Situation zwar längst nicht ein, doch er verweist auf den Leistungsumfang der „Bestäuber der Welt“, der nach internationalen Studien mit einem dreistelligen Milliardenbetrag angesetzt wird. 80 Prozent aller Wild- und Kulturpflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, insbesondere von Bienen, von denen es unzählige Arten gibt.
In vielen Gegenden ist in den letzten Jahrzehnten ein Rückgang von Insekten und Hautflügler, zu denen neben den Bienen Wespen und Ameisen gehören, um gut zwei Drittel festgestellt worden. Erkennbar wird das jedem Autofahrer, dem früher bei längeren Ausfahrten im Sommer die Windschutzscheibe seines Wagens voller Fliegen verschmiert war. Ihnen wird Lebensraum und Nahrungsgrundlage geraubt durch den Strukturwandel insbesondere in der Landwirtschaft, die auf Chemie setzt, auf Dünger, Spritzmittel und Pestizide. Auch der Klimawandel spielt dabei eine Rolle. Im Zuge der industrialisierte Agrarwirtschaft und der Flurbereinigung entstehen zunehmend Monokulturen mit einer „ausgeräumten“ Landschaft, sind vielfach die bunten Blütenstreifen am Feldrand verschwunden. Auch wenn man wieder um eine Verbesserung der Ökosysteme bemüht ist – ohne die mühevolle Arbeit der Imker könnten die Honigbienen nicht überleben..
Bienen, die es schon seit Jahrmillionen gibt, wurden bereits in der Antike wegen ihres Honigs geschätzt. Rapp verwies darauf, dass in allen Weltreligionen Bienen Erwähnung finden, nicht zuletzt im Alten Testament, wo ja Moses sein Volk in das Land führen will, „wo Milch und Honig fließt“. Und schon immer wurde dem Honig auch eine heilsame Wirkung zugeschrieben. Heute hat sich rund um Bienenprodukte gar eine regelrechte Naturheilkunde, die Api-Therapie, entwickelt. Im frühen Mittelalter gab es die ersten gewerbsmäßigen Honigsammler, die „Zeidler“, die in eigenen Waldbäumen die Bienen in ihren Baumhöhlen „ausbeuteten“. Derzeit gibt es in Deutschland rund 10 000 Imker, mit wieder steigender Tendenz. Imkerei ist eine hochspezialisierte und aufwändige Kulturleistung geworden, die sich um Betreuung und Vermehrung von Honigbienen sorgt. Dazu gehört nicht zuletzt der Schutz der Bienen vor der Varroa-Milbe.
“Honigbienen bilden einen Superorganismus, ein komplexer Mikrokosmos“, stellte Rapp voller Hochachtung heraus. Alles dreht sich um die Bienenkönigin (mit entwickeltem Geschlechtsapparat), die permanent um- und (mit Gelée Royal) versorgt wird. Beim „Hochzeitsflügen“ lässt sie sich von bis zu 30 Drohnen begatten, legt dann täglich bis zu 2500 Eier („Stifte“). Aus unbefruchteten Eiern entstehen Drohnen, die später aus den Stöcken vertrieben werden (nach Begattungsvorgang sind sie sofort tot), aus befruchteten Eiern die Arbeitsbienen (oder zur Schwarmzeit in besonderen Zellen einige wenige Königinnen).
Wenn es warm und trocken ist, fliegen die Bienen aus auf der Suche nach nektar- und pollenreichen Blüten . Die Bienen saugen mit ihrem Rüssel aus den Blüten Nektar in ihren Magen, füllen zugleich die Borstenkörbchen in ihren Hinterbeinen mit den Pollen der Pflanze, die sie zum Teil bei der nächsten angeflogenen Blüte verlieren. Die Blüte ist bestäubt und kann Früchte bilden. Wenn Kundschafterinnen eine ertragreiche Nahrungsquelle entdeckt haben, vollführen sie einen „Schwänzeltanz“, worauf sich ob dieser Bienensprache Zehntausende Bienen zum neuen Standort in Bewegung setzen. Mit spezieller Navigation finden sie bis zu drei Kilometer zielsicher zum Stock und richtigen Eingang zurück.
So ein Bienenvolk mit 60 000 Bienen erbringt innerhalb von zehn Tag 80 kg Honig, sagte Rapp und erklärte die „flügelbetriebene Klimaanlage“ der Bienen, die ausgefeilte Wabenstruktur eines Bienenstocks sowie das Honigschleudern. Die „Jungen Senioren“ konnten sich von der Rapp’schen Honigqualität überzeugen, von Raps-, Linden- und Waldhonig, die Rapps Frau in gefälligen Gläsern preisgünstig anbot.